Kernkompetenzen
Die Lärmsimulation am Hubschrauber für Hochgeschwindigkeits und Blatt-Wirbel-Interaktionslärm fußt auf der akustischen Analogie nach Ffowcs Williams und Hawkings, mit der eine hochaufgelöste CFD-Rechnung ausgewertet wird.
Zu Validierungszwecken befindet sich ein instrumentierter Modellhubschrauber mit knapp 5 kg Abflugmasse in IAG-Besitz. In Ergänzung von ungleich teureren Windkanalmessungen können damit wertvolle Messdaten für unterschiedliche Zustände im freien Flug gewonnen werden.
Für zukünftige Rotorentwicklungen gewinnen Leistungsbedarf und Aeroakustik gleichermaßen an Bedeutung. Die optimale Gestaltung von Grundriss und Profilierung ist deshalb ganz wesentlich.
Zentraler Bestandteil der Simulation ist die Berücksichtigung der elastischen Verformung der Rotorblätter (Fluid-Struktur-Kopplung). Hierzu verwenden wir Balkenmodelle in unterschiedlicher Detailtreue (Euler-Bernoulli, Timoshenko-Balken, ...)
Für die Vergleichbarkeit zu Windkanamessungen oder Flugtests ist die Trimmung auf die vorgegebenen Kräfte und Momente von entscheidender Bedeutung.
Dynamik
Das dynamische Verhalten des Hubschraubers und vor allem der Rotorblätter wird mithilfe von CSD Verfahren (Computational Structure Dynamics) berechnet. Hierzu werden die Codes "HOST" der Firma Airbus Helicopters und der kommerzielle Code "CAMRADII" genutzt. Die Information der Dynamik wird zur aerodynamischen Simulation eines Hubschraubers benötigt, da die Position und Verformung des Blattes eine unmittelbare Auswirkung auf die Umströmung des Selbigen hat.
mehr zu Dynamik: Trimming
Die Simulation von Hubschraubern stellt im Allgemeinen ein dreifaches Problem dar, da sie nicht nur aus der Berechnung der Strömung selbst besteht, sondern die elastische Reaktion der Rotorblätter und das gleichzeitige Einhalten des gewünschten Trimm-Zustands umfasst.
Unter dem Trimm-Zustand eines Rotors versteht man eine Auswahl charakteristischer Rotor-Parameter, wie z.B. dem erzeugten Gesamtschub und den via Rotormast in den Rumpf eingeleiteten Roll- und Nickmomenten. Weitere gängige Parameter sind auch die Amplituden der Blattbewegungen. Der Zweck einer Trimmung ist, diese Parameter auf vorgegebene Werte zu bringen. Grundsätzlich gilt dabei die Regel, dass maximal so viele Parameter getrimmt werden können wie Steuerungs-Möglichkeiten am Rotor vorhanden sind. Stehen beispielsweise die drei Steuereingänge einer Taumelscheibe (d.h. der kollektive und die zwei zyklisch veränderten Blattwinkel) zur Verfügung, können diese dazu verwendet werden die drei Parameter Schub, Roll- und Nickmoment des Rotors auf die gewünschten Werte zu bringen. Im Fall eines sogenannten aktiven Rotors, bei dem z.B. kleine Klappen an den Rotorblättern gesteuert werden können, könnten weitere Parameter in der Trimmung berücksichtigt werden.
Durch das Einhalten vorgegebener Werte für die trimmbaren Parameter wird sichergestellt, dass der simulierte Rotor in einem definierten Betriebszustand arbeitet. Dies ist wichtig bei einem Vergleich mit einem Experiment, da die strömungsmechanischen Phänomene und auch die rotordynamischen Vorgänge nur dann ähnlich ablaufen. Es wäre zwar denkbar, direkt die Taumelscheibenstellung aus dem Experiment zu übernehmen und keine Trimmung durchzuführen; aufgrund evtl. unterschiedlicher Deformation der Blätter bei reduzierter Modellierung der Elastik, sowie bei störendem Einfluss der Windkanalwände sind jedoch die vom Rotor erzeugten Kräfte und Momente die geeigneteren Größen, um die Ähnlichkeit von Simulation und Experiment zu garantieren.
Ein weiteres Anwendungsgebiet für die Trimmung sind Simulationen zur Auslegung von Rotoren, bei denen die Rotorleistung in der Entwurfs-Phase vorhergesagt werden soll. Um die Leistungen verschiedener Entwürfe vergleichen zu können, werden sie anhand eines identischen Trimm-Zustands bewertet. Dadurch lässt sich erkennen, ob in einem realistischen Betriebszustand die Modifikationen am Rotor, einschließlich ihrer vielfältigen, oft schwer durchschaubaren Koppeleffekte, tatsächlich zu einer Leistungssteigerung führen.
In den Bereich des Vorentwurfs und der Leistungsbestimmung fällt auch die sogenannte Freiflug-Trimmung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur die Rotorsteuerung, sondern auch die Fluglage des kompletten Hubschraubers als veränderliche Größen verwendet werden. Dies wird dann erforderlich, wenn anstatt eines eingespannten Modells eines Windkanaltests ein Hubschrauber im freien Flug simuliert werden soll. Im Freiflug-Fall gilt das Kräfte-Gleichgewicht für den kompletten Hubschrauber: Die aerodynamischen Kräfte am Rotor und am Rumpf gleichen das Gewicht des Hubschraubers aus, die Momente heben sich auf. Dieses Gleichgewicht kann im Windkanal aufgrund der Einspannung des Modells im Regelfall nicht erfüllt werden. Da der Leistungsbedarf des Hubschraubers und die aerodynamische Belastung verschiedener Bauteile von der Fluglage abhängen, ermöglicht das Trimmen der Lagewinkel genauere Vorhersagen über diese Werte.
Methodisch umgesetzt wird die Trimmung durch ein iteratives Vorgehen. Hierbei wird durch ein Hubschrauber-Aeromechanik-Programm ein Vorschlag für die Werte der Steuereingänge geliefert, welcher in einer nachfolgenden CFD-Simulation getestet wird. Entsprechend der Abweichungen vom gewünschten Trimmzustand wird daraufhin ein neuer Vorschlag errechnet und wiederum eine CFD-Simulation durchgeführt. Diese Schritte werden wiederholt, bis alle Trimm-Parameter auf die gewünschten Werte konvergiert sind.
Aerodynamik
Die Hauptaufgabe in der Arbeitsgruppe Hubschrauber und Aeroakustik ist die Simulation der Aerodynamik. Hierfür wird vorrangig der CFD (Computational Fluid Dynamics) Code "FLOWer" des DLR verwendet, der am IAG wesentlich erweitert und ausgebaut wurde. In der Vergangenheit wurden auch Untersuchungen mit dem DLR Code "TAU" durchgeführt. Zudem wird für die Zukunft ein DG-Verfahren entwickelt: Discontinous Galerkin (DG)
mehr zu Aeroakustik: Akustik
Die maßgeblichen Lärmquellen am Hubschrauber sind der Haupt- und der Heckrotor, zumindest im Außenbereich (innen spielt auch noch der Getriebelärm eine gewisse Rolle). Insbesondere in der ummantelten Ausführung (Fenestron) ist dabei der Heckrotor zumeist von untergeordneter Bedeutung, arbeitet jedoch in einem deutlich höheren und damit unangenehmeren Frequenzbereich.
Am Hauptrotor wird einmal Lärm erzeugt durch die turbulente Umströmung (breitbandiges Rauschen), wie bei praktisch allen umströmten Körpern, vor allem aber über stark instationäre Oberflächendruckschwankungen. Abgesehen von der "normalen" instationären Druckänderung über den Umlauf, hervorgerufen durch wechselnde Anströmbedingungen und Anstellwinkel, treten diese vor allem in zwei Flugsituationen auf, nämlich im schnellen Vorwärtsflug und im langsamen Bahnneigungsflug (Landeanflug).
Beim Hochgeschwindigkeitsflug überlagern sich Umfangs- und Vorwärtsgeschwindigkeit am vorlaufenden Blatt so stark, dass dort lokale Überschallströmung stattfindet, die durch einen Verdichtungsstoß abgeschlossen wird. Nachdem sich über den Umlauf dieser Überlagerungseffekt ständig ändert, werden diese Stöße ab etwa 50° Azimuth aufgebaut und jenseits von 140° wieder abgebaut - verbunden mit entsprechend starken Druckschwankungen an der Blattoberfläche. Die zeitliche Korrelation dieser Stoßphänomene über die Blattlänge bedingt, dass diese Form von Druckschwankungen im Wesentlichen als Schall nach vorne abgestrahlt wird. Besonders stark tritt der Effekt bei hochbelasteten Rotoren mit relativ wenigen Blättern auf, symptomatisch beispielsweise bei der Bell UH-1 mit ihrem Zweiblattrotor.
Generell entstehen an der Blattspitze ähnlich wie beim Starrflügler bedingt durch die Auftriebserzeugung Randwirbel. Durch die induzierte Geschwindigkeit durch die Rotorkreisscheibe werden diese normalerweise nach unten befördert, im Vorwärtsflug des Weiteren spiralförmig nach hinten.
Ist nun die Sinkgeschwindigkeit vergleichbar groß mit der induzierten Geschwindigkeit, liegen Blattspitzenwirbel und Rotorblätter in der gleichen Ebene, so dass nachfolgende Blätter die Wirbel der vorangegangenen treffen können. Bei bestimmten Azimuthwinkeln (in der Gegend von 45° und 315°) werden die Wirbel dann quer vom Blatt "aufgeschnitten", was zu starken Druckschwankungen am Blatt führt, bedingt durch die durch den Wirbel induzierte Vertikalgeschwindigkeit (Aufwind/Abwind) kurz vor beziehungsweise nach dem Wirbelkern. Damit verbunden ist ja eine entsprechende Vergrößerung und Verkleinerung des effektiven Anstellwinkels und damit des Auftriebs, der eng mit der Druckverteilung am Blatt verknüpft ist.
Die genauere Analyse der zeitlichen Abfolge über die Blattlänge zeigt dann, dass diese wirbelinduzierten Druckschwankungen hauptsächlich nach schräg vorne unten abgestrahlt werden, also in Richtung Landepunkt.
PD Dr. rer. nat. Manuel Keßler
Manuel Keßler
PD Dr. rer. nat.Akademischer Oberrat / Leiter Hubschrauber und Aeroakustik